Presse

Presseverantwortliche des Bündnisses sind:

Heiko Holtgrave (Sozialforum Dortmund)

Klaus Kubernus-Perscheid (attac-Niederrhein, Wesel)


Pressemitteilungen und öffentliche Dokumente des Bündnisses Sozialticket NRW

Ab Dezember: „Deutschlandticket Sozial“ in NRW

12. Oktober 2023

Am 1. Dezember, mit 7-monatiger Verspätung, führt NRW ein bundesweit nutzbares Sozialticket zum Preis von 39 € ein („DeutschlandTicket Sozial“). Damit reagiert das Land auf massive Forderungen von Sozial¬verbänden und Betroffenenorganisationen.

Wir freuen uns, dass es damit auch für Menschen mit wenig Geld möglich wird, sich zu einem pauschalen Monatspreis überall in der Republik mit Mitteln des Nahverkehrs zu bewegen. Dies ist ein großer Gewinn gegenüber den bisher auf enge Tarifgebiete begrenzten Sozialticket-Angeboten der Verkehrsverbünde. Durchaus positiv sehen wir auch die Nachricht, dass dieses Ticket in NRW auch allen Wohngeldbezieher*innen zugänglich gemacht werden soll.

Gleichwohl bleibt der zwischen Landesregierung und NRW-Verkehrsverbünden ausgehandelte Preis weit hinter unseren Vorstellungen zurück. Wir hatten zusammen mit den Sozialverbänden, dem VCD und anderen einen Abgabepreis von maximal 29 € pro Monat gefordert. Dies aus mehrerlei Gründen:

Wer wenig Geld hat, muss genau überlegen, für was er dies ausgeben will. Zwar beträgt der im Bürgergeld vorgesehene Regelsatzanteil für „fremde Verkehrsdienstleistungen“ mittlerweile 40,58 € (2023), etwas mehr also als die geplanten 39 Euro, doch ist der gesetzliche Regelsatz, verschärft noch durch die galoppierende Inflation, insgesamt so knapp bemessen, dass es für ein würdiges Leben vorne und hinten nicht reicht. Das lässt sich nicht zuletzt an den hohen Armutsquoten in NRW ablesen.

Weitere Kritikpunkte im Detail:
•    Auch Asylbewerber*innen gehören zum Berechtigtenkreis, doch ein alleinstehender Asyl-bewerber beispielsweise verfügt nur über ein monatliches Taschengeld von 182 Euro. Ein Ticketpreis von 39 Euro ist für diese Personengruppe daher völlig unerschwinglich. Hier könnte die Landesregierung durch kostenlose Ticketverteilung Abhilfe schaffen.
•    Das geplante Ticket ist unseres Erachtens auch im Verhältnis zu anderen Sonderformen des Deutschlandtickets (JobTicket, DeutschlandTicket Schule) zu teuer. Niemand kann uns erklären, wieso Berufstätige, die ein von der Firma unterstütztes JobTicket besitzen, mit einem Eigenanteil von 34,30 € im Monat für die gleiche Leistung weniger auf den Tisch legen müssen als Menschen ohne eigenes Einkommen. Dass es auch anders geht, zeigen die Bundesländer Berlin, Hessen und Hamburg (sowie etliche deutsche Städte).
•    Das DeutschlandTicket Sozial wird es (wie das „normale Deutschlandticket auch) nur im Abo geben. Das aber schließt erstens Leute aus, deren Bonität und/oder Zahlungsmoral vom jeweiligen Verkehrsunternehmen als zu schlecht eingestuft wird, um mit ihnen einen Abo-Vertrag zu schließen (eine Einschränkung, die leider allzu häufig Leute mit wenig Geld trifft). Das Abo-Angebot ist zweitens auch für Menschen unattraktiv, die keine Vielfahrer*innen sind. Wenn – wie vielerorts auf dem Lande – das Angebot für die täglichen Wege nicht ausreicht, lohnt sich selbst ein Monatsticket für 39 Euro nicht. Wir erwarten, dass die Verkehrsverbünde künftig als Alternative ermäßigte Vierertickets anbieten. Sollte es allerdings bei dem knappen ÖPNV-Angebot auf dem Lande bleiben, das muss man hinzufügen, dann wird das auch mit der angestrebten Verkehrswende nichts.
•    Und auch was das Bonitätsproblem angeht, erwarten wir eine alltagstaugliche Lösung. Das einfachste wäre, das ermäßigte Deutschlandticket würde in NRW auch als einzelne Monatskarte verkauft. Aus unserer Sicht völlig indiskutabel ist jedoch der Verweis der betreffenden Kunden auf die „normalen“ Sozialticket-Angebote des Verkehrsverbunds, denn das hieße für sie noch deutlich höhere Kosten bei viel geringerer Leistung.1 Wenn das die Antwort auf unser Drängen in den letzten Monaten sein soll, dann können wir künftig das Papier für Briefe oder Resolutionen sparen!

Insgesamt gesehen ist das Beharren von Bundesverkehrsminster Wissing auf einer Abo-Lösung aus unserer Sicht eine Fehlentscheidung, da sie nur unnötige Probleme schafft und zudem für einen Teil potentieller ÖPNV-Nutzer*innen abschreckend wirkt.

Die aktuelle Diskussion um die weitere Finanzierung des Deutschlandtickets ab 2024 macht deutlich, wie fragil solche Regelungen sind. Eine Erhöhung des Preises für das Deutschlandticket würde vermutlich sofort auch eine Erhöhung des Preises für ermäßigte Deutschlandticket nach sich ziehen. Wir fordern daher das Land NRW auf, das Angebot von Sozialtickets für armutsbetroffene Bürger*innen als dauerhafte Aufgabe des ÖPNV in NRW gesetzlich abzusichern. Ihre Finanzierung durch das Land darf nicht von politischen Stimmungslagen oder der jeweiligen Kassenlage abhängig gemacht werden. Um die Nachhaltigkeit des Sozialtickets zu gewährleisten, sind die bereitgestellten Mittel außerdem zu dynamisieren.

Dortmund/Wesel 12.10.2023
Bündnis Sozialticket NRW

9. Juni 2023
NRW: Für Herbst geplantes „Sozialticket“ 14 % teurer als Jobtickets
Es ist grundsätzlich zu begrüßen, dass die Landesregierung SozialleistungsbezieherInnen in NRW das Deutschlandticket zu einem vergünstigten Preis anbieten will.
Das Angebot kommt aber leider erst ab Herbst. Und zu einem Preis, der mit 39 € für die von Armut und der aktuellen Inflation am meisten Betroffenen bzw. Bedrohten noch deutlich über dem monatlichen Preis für Jobtickets (34,30 €) liegt.1
Diese Ungerechtigkeit ist nicht hinnehmbar!
Hier ist die Politik in Land, Bund und Kommunen gefordert, schnell für Abhilfe zu sorgen. In einigen Kommunen und Bundesländern sind zumindest schon bessere Lösungen gefunden worden. In Hamburg zum Beispiel wird für das gleiche Ticket nur 19 Euro verlangt (Eigenanteil). Und das nicht erst ab Herbst, sondern bereits seit dem 1. Mai! Den gleichen Preis zahlen Einkommensschwache beispielsweise auch in Nürnberg und in Rostock.
Mobilität ist ein menschliches Grundbedürfnis, und der Zugang zu bezahlbarer Mobilität verbessert die Lebenssituation und soziale Teilhabe armer Menschen in erheblichem Maße. Das ist allgemein anerkannt. Besuch von Stadtteiltreffs, ehrenamtliche Betätigung, Treffen mit FreundInnen und Verwandten, Besuch von Naherholungsgebieten, Termine bei Behörden und Gesundheitseinrichtungen, Zuverdienst und Arbeitsaufnahme, Nutzung von Bildungsangeboten, Betreuung von Pflegebedürftigen – das alles setzt Mobilität voraus.
Dafür muss auch der Preis stimmen. Denn Reichweite ist nicht alles. Für Menschen mit wenig Geld darf das Monatsticket u.E. nicht mehr als 29 Euro kosten. Besser noch weniger. Das ist auch die Meinung vieler anderer Akteure in NRW wie Gewerkschaften, Kirchen und Sozialverbände. Und es wäre auch mit Blick auf den Preis, der für das Jobticket verlangt wird, angemessen.
Das ermäßigte Deutschlandticket sollte zudem auch als einzelne Monatskarte zu kaufen sein, nicht nur als Abo, um möglichen Problemen mit einer rechtzeitigen Kündigung oder wegen angeblich mangelnder Bonität aus dem Weg zu gehen. Mehr zu unseren Vorstellungen zur Ausgestaltung des Tickets und zum Berechtigtenkreis hier auf unseren Webseiten.

Wesel/Dortmund, 9. Juni 2023, Bündnis Sozialticket NRW
Ansprechpartner (für Rückfragen):
Klaus Kubernus-Perscheid, Pastor Wolf Str. 12, 46487 Wesel, klaus.kubernus@t-online.de, Tel.: 02803 8303
Heiko Holtgrave, Huckarder Str 12, 44147 Dortmund, info@akoplan.de, Tel. 0231 580 34 250


1 s. Rede des Verkehrsministers beim jüngsten Landesparteitag der Grünen NRW, dpa-Meldung v. 4.6.23

13. Februar 2023
Offener Brief an Ministerpräsident Hendrik Wüst
„Für ein Sozialticket in NRW! Die aktuellen Preissteigerungen in vielen lebenswichtigen Bereichen haben viele ärmere Menschen in eine bisher nie gekannte Notlage gebracht. Das landesweite „Bündnis Sozialticket NRW“ hat daher in einem offenen Brief an den Ministerpräsidenten des Landes NRW Hendrik Wüst noch einmal die dringende Forderung nach einem Sozialticket bekräftigt. Die Forderung nach einem 29 Euro-Ticket für bedürftige Menschen war in den letzten Wochen auch von Sozialverbänden und Gewerkschaften in die Öffentlichkeit getragen worden. Bislang hat die Bundesregierung darauf nicht reagiert. …
Hier ist der Text der Pressemitteilung!

Hier ist der offene Brief an Ministerpräsident Wüst vom 13. Februar 2023!

26. April 2023
Pressemitteilung: Immer noch kein D-Sozialticket in Sicht
Ab dem 1. Mai 2023 wird es mit dem „Deutschlandticket“ ein bundesweit einheitliches Nahverkehrsangebot für monatlich 49 Euro geben. Der Preis kann durch Unternehmen zudem als Jobticket nach Angaben der Deutschen Bahn auf 34,30 Euro reduziert werden. Schleswig-Holstein bietet seinen Landesbeschäftigten sogar ein ebenfalls deutschlandweit geltendes Ticket für nur 16,55 € an.
Hier ist der Text der Pressemitteilung!